Thursday, June 4. 2009Grundeinkommen für Software Entwickler
Gestern Abend waren wir auf einem Vortrag Freiheit - Gleichheit - Grundeinkommen von Professor Götz Werner. Er versteht es hervorragend, das Thema Grundeinkommen einfach und überzeugend darzustellen.
Müsste nicht eigentlich die Free Software Foundation auch für das bedingungslose Grundeinkommen sein? Die erste Gegenfrage, wenn man über Freie Software erzählt ist doch immer: Und wovon sollen die Programmierer dann leben? Wenn es das bedingungslose Grundeinkommen gäbe, wäre diese Frage obsolet. Für das Einkommen ist gesorgt und man kann endlich das Programmieren, was einem Spaß macht. Ich würde z.B. gerne endlich einmal an einer ordentlichen Groupware mitarbeiten.
Der Vortrag war Minute für Minute voll mit interessanten Gedanken. Hier nur ein paar: Zuerst macht Werner deutlich, dass er nicht die fertigen Rezepte liefern will, sondern das Publikum zum Denken anregen möchte. Die Gesellschaft ändert sich nicht, indem die Politiker sie ändern, sondern indem ein signifikanter Teil der Bevölkerung sie ändern will. - Und zuerst kommt das wollen, dann folgt auch automatisch das wie. In den letzten 100-150 Jahren hat sich das Leben in den Industrienationen radikal geändert. Damals lebten mehr als die Hälfte der Menschen noch in der Landwirtschaft und versorgten sich selber. Es gab Hunger und Mangel war der Normalzustand. Heute leben nur 2% der Deutschen von der Landwirtschaft, aber selbst diese betreiben keine Selbstversorgung sondern sind auf Maschinen und den Austausch mit anderen angewiesen. Heute ernährt sich niemand mehr von dem, was er selber anpflanzt. Jeder von uns arbeitet für andere und konsumiert, was andere für ihn produzieren. Mangel ist kein Problem mehr, sondern der Überfluss. Trotzdem denken wir immer noch in den gleichen Denkschemata wie vor 150 Jahren. Es wurde mehrmals die Frage angesprochen, was denn passieren würde, wenn jeder ein bedingungsloses Grundeinkommen garantiert hätte. Würde denn dann überhaupt noch jemand arbeiten? Wer sich mit Freier Software auskennt, kann die Frage schon mit vielen Beispielen beantworten. Es wird zwar ein großer Teil Freier Software im Rahmen von Erwerbsarbeit erstellt, aber bei weitem nicht alle. Oder die Wikipedia: Wird irgendein Wikipedia-Autor bezahlt? Was denken die Softwareentwickler über bedingungsloses Grundeinkommen? Trackbacks
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Comments
Nun wer freie Software erfindet oder sich am Programmieren freier Software beteiligt, hat im arbeitsethischen Sinn quasi ein Anrecht auf BGE. Aber auch hier gibt es Fragen der Qualität und der Nutzbarkeit, die sich mit den Maßstäben der Arbeitsethik alleine nicht beantworten lassen: Macht es Sinn alles zu fördern?
Grundsätzlich verdiene ich mein Geld mit dem Schreiben und dem Beraten von Indiviudalsoftware und ich möchte auch in Zukunft davon leben. Ich biete jedenfalls eine Projektidee an: Wir schreiben ein freies (Java/Web) Programm mit dem man Modellrechnungen erstellen kann, um auszurechnen, wieviel BGE Euros man für freie Software ausgeben kann und wieviel man durch Sponsoring und andere Ideen einnehmen sollte. Ich habe dazu noch eine Modellrechnung von Wolfgang Strengman Kuhn (KAS) im Schrank.
Bedingungsloses Grundeinkommen heißt eben nicht "nur wer...".
Was für eine Arbeitsethik? Der Satz "Nur wer arbeitet soll auch Essen" ist ja eben die falsche Denke von vor 150 Jahren. Grundeinkommen ist auch nicht eine Förderung für eine spezifische Sache. Was der einzelne mit seinem Leben macht und womit er sich sein Zubrot zum Grundeinkommen verdient, ist ihm freigestellt. Gegenfrage: Welche Ethik steckt denn dahinter bei einer Autoüberproduktion von 25%(?) in Europa einen Automobilkonzern am Leben zu erhalten, damit Menschen weiterhin Luftverpester bauen können? Es hindert dich auch weiterhin niemand daran mit deiner Arbeit als Softwareentwickler und Berater Geld zu verdienen. Du gewinnst nur zusätzlich die Freiheit, nicht für z.B. ein Waffenunternehmen arbeiten zu müssen, weil du sonst auf der Straße landen würdest.
Wenn wir für die Arbeitsethik
http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsethik zugrundelegen, geht es bei Open Source Softwareprojekten meistens um die sogenannte Hackerethik. Ich verwende dieses Wort aber nicht gerne. Ich halte es für ungeeignet. Letzlich geht es mir um die Förderung intrinsischer Motivationsfaktoren um der Arbeitspflicht nachzukommen. Das Thema der Überproduktion wird es bei BGE geförderter Arbeit geben, deswegen schlage ich auf der Nachfrageseite auch vor Sponsoren zu beachten. Was hälst Du denn von der Projektidee?
Ich fürchte, Du hast grundsätzlich noch nicht verstanden, was BGE meint: wir trennen Arbeit und Einkommen. Das ist der Gedanke. Du willst ja gerade wieder nur Arbeit mit Einkommen belohnen.
Denk einfach nochmal darüber nach. Steig etwas tiefer in das Thema ein. Es lohnt sich wirklich. Gruß Alex
Ich halte das BGE für eine sehr kluge Idee. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie viel Potential und Kreativität dadurch verloren gehen, dass Menschen in irgendwelchen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen hängen. Kultur, Jugendarbeit, Politik und eben auch die Softwareentwicklung könnte sehr davon profitieren. Ich denke darüber auch schon länger nach. Würden unsere Softwareentwickler, Musikerinnen, Filmemacher usw. über ein Grundeinkommen finanziert, könnten die auch Arbeit machen, die sie wirklich interessiert und die dadurch (nicht nur nach Platon) wesentlich an Wert gewinnen würde. Ich kenne viele, die schon heute auf Luxus verzichten, und so wenig wie möglich arbeiten, um Zeit zu haben, sich netzpolitisch zu engagieren.
Es gibt vieles am Grundeinkommen zu kritisieren (und die meisten diskutierten konzepte sind leider schon viel zu sehr abgespeckt, um noch wirklich zu taugen) aber ich halte es absoult für ein Thema für die FSFE und hätte große Lust, dazu eine Arbeitsgruppe zu machen. Zwei Empfehlungen erst mal von meiner Seite: 1) Das Buch "Marke Eigenbau" von Friebe und Ramge (genaueres auf meinem Blog) beschäftigt sich nicht direkt mit Grundeinkommen aber eben sehr stark mit der Art, wie sich der Arbeitsmarkt verändert. Es greift hier auch die "Open Source"-Bewegung auf. Ich habe es noch nicht ganz durch gelesen, aber es ist in jedem Fall sehr empfehlenswert. 2) Das Lied "Recht auf Arbeitslosigkeit" von Götz Widmann (guck einfach mal bei YouTube) fasst es eigentlich sehr schön zusammen. Ich bin keine Programmiererin, aber als Netzpolitik-Aktivistin (kann man das so sagen?) auch mehr und mehr für das Grundeinkommen. Die Projektidee verstehe ich nicht so ganz. Da ich aber eh nicht programmieren kann betrifft es mich wohl eh nicht, oder? Sollte ich Dich irgendwie anders unterstützen können.
Ich stimme Thomas vollständig zu:
das BGE ist die andere Seite der Medaille von Freier Software, Linux, Wikipedia, Openstreetmap usw. das ist das neue Denken. Anmerkung: in Star Trek haben die Autoren das vor vielen Jahren schon vorweggenommen. Eigentlich schon recht weitsichtige Leute, diese Autoren. Gruß Alex
Hi, hab das so eine Frage an dich. Ich habe jetzt das "Deutschland sucht den bGE-Kandidaten"-Spiel bei Facebook gestartet:
http://www.facebook.com/apps/application.php?id=124236182237 Und wollte dich fragen, ob du Lust hättest so eine Facebook-Box bei dir in die Seite einzubauen? Beispiel: http://codeschnipselbge.blogspot.com/ Wenn ja, den Code findest du hier: http://snippets.dzone.com/posts/show/7620 Damit würden wir auf unsere bGE-Kandidaten aufmerksam machen. Viele Grüße bgenymous |
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